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Miko Peled – Vom Holocaust zum Massaker in Gaza durch den Ben Gurion Flughafen

von Miko Peled,
17. August 2014

Am Morgen nach “LailatAl Qadr”erreichte die Zahl der Toten in Gaza die Tausendermarke.

 

Ich verbrachte die heilige Nacht von “Al Qadr” (so nennt man die besondere Nacht vor dem letzten Freitag des heiligen Monats Ramadan, von der man glaubt, daß in dieser Nacht der Heilige Koran dem Propheten Mohammed offenbart wurde) mit Freunden in Rammalah, nachdem ich am 48K- Marsch für Gaza teilgenommen hatte.

Der Marsch begann in Rammalah und führte zum Qalandia Kontrollposten. Was als friedliche Veranstaltung begann, an der auch Familien mit Kindern und Babys in Kinderwagen teilnahmen, endete damit, dass junge Palästinenser mit Schußwunden in örtlichen Krankenhäusern eingeliefert wurden.

Der Grenzübergang von Qalandia war befestigt worden und quasi “luftdicht”, und die dort stationierten israelischen Soldaten schossen mit scharfer Munition in die Menge. Als die Krankenwagen durch die Menge eilten, fragte ich mich, warum es kein Krankenhaus zwischen Qalandia und Rammalah gibt, eine relativ große Distanz, welche die Stadtbezirke von Jerusalem, Al-Bire und Rammalah mit einschließt.

In der folgenden Nacht hatte ich geplant, Palästina zu verlassen und in die USA zurückzukehren, aber die israelischen Streitkräfte hatten alle Strassen von Rammalah nach Jerusalem gesperrt, und das würden sie wohl auch noch den folgenden Tag tun.

Im Morgengrauen, als sich die Lage beruhigte, fuhr mich mein Freund Samer zu einem Kontrollpunkt, von dem er vermutete, das er offen sei.

Er war geöffnet, wenn auch nur für Israelis, und von dort machte ich mich auf den Weg nach Jerusalem.

Kooperation mit den Behörden

An diesem Abend, als ich mich auf meine Abreise am Ben-Gurion Flughafen in Tel-Aviv vorbereitete, versuchten die Menschen in meiner Umgebung mich zu beruhigen.”Provoziere sie nicht, arbeite mit ihnen zusammen und sie werden nett zu dir sein”, “warum durch all die Unannehmlichkeiten gehen?”Sie sprachen von der “lächelnden Gestapo”, israelischen Sicherheitsoffizieren am Flughafen Tel-Aviv, deren lupenreine offizielle Bezeichnung “Airport Security Division “lautet.

Was sie sagten, errinnerte mich an die jüdischen Gemeinden unter der Naziherrschaft,die glaubten, dass alles gut werden würde, wenn sie kooperierten und zeigten, dass sie gute Bürger sind.Aber der Weg über die Kooperation zu den Konzentrationslagern und dann zu den Gaskammern war ein direkter Weg.

Die Nazis hätten nicht Millionen von Menschen töten können, wenn die Opfer nicht an dem naiven Glauben festgehalten hätten, dass alles gut werden würde, wenn sie kooperierten und sich unauffällig verhielten. Die Strategien rassistischer Diskriminierung und Erniedrigung am Ben-Gurion Flughafen und die Strategien der etnischen Säuberung und des Mordes an Palästinensern in Gaza entspringen derselben zionistischen Ideologie.

Wie uns die letzten 70 Jahre gezeigt haben, verbessern Kooperation und Stillhalten die Lage keineswegs.

Kooperation mit den israelischen Behörden mag zu kurzfristiger Erleichterung führen, aber es bestätigt auch das Recht Israels, die Palästinenser zu terrorisieren und zu erniedrigen, mit unserer Zustimmung, und mit “uns” meine ich alle Menschen mit Bewußtsein.Ob wir nun Palästinenser sind oder nicht, das Gebot der Stunde ist, nicht zu kooperieren und Widerstand gegen das Unrecht zu leisten.

Die Hamas ist nicht das Problem

Heutzutage wird stets die Hamas für die Gewalt in Gaza verantwortlich gemacht, aber Israel begann seine Angriffe auf den Gazastreifen nicht erst, als sich die Hamas in den späten 80ern etablierte. Israel begann mit den Angriffen auf Gaza, als der Gazastreifen in den späten 50ern gegründet und mit Flüchtlingen bevölkert wurde.

Die Palästinenser, speziell in Gaza, haben nicht die Wahl zwischen Widerstandleisten und dabei zu sterben, oder in Frieden zu leben.

Sie haben nur die Wahl getötet zu werden, während sie aufstehen und kämpfen oder getötet zu werden, während sie in ihren Betten schlafen.

Gaza wird dafür bestraft, das es Israel und die Welt permanent an die ursprüngliche Sünde der ethnischen Säuberung Palästinas und die Erschaffung eines sog. jüdischen Staates errinnert . Obwohl palästinensischer Widerstand niemals eine ernsthafte Bedrohung für Israel war, wurde dies stets so dargestellt. Moshe Dayan, der vielgerühmte israelische General mit der Augenklappe, beschrieb diesen Umstand in einer Rede vom April 1956.

Er sprach im Kibbuz Nahal Oz, einer israelischen Siedlung an der Grenze zum Gazastreifen, wo israelische Panzer bei jeder Bodenoffensive auf Gaza parken.

“Hinter dieser Grenze existiert ein Ozean des Hasses und ein tiefes Verlangen nach Rache,”sagte Dayan damals. Ironischerweise sagte mein Vater, der damals zum Militärgouverneur in Gaza ernannt wurde, er “sah dort keinen Hass oder Verlangen nach Rache, sondern Menschen, die sich danach sehnten, zu leben und für eine bessere Zukunft zu arbeiten.”

Heutzutage hört man von israelischen Kommandeuren und Politikern immer noch fast die gleichen Aussagen: es ist das Schicksal Israels mit dem Schwert zu leben und es muß Gaza schlagen wann immer es möglich ist.

Und das trotz der Tatsache, dass die Palästinenser niemals eine militärische Herrausforderung für Israel, geschweige denn eine ernsthafte Bedrohung darstellten. Letztendlich besaßen die Palästinenser niemals so etwas wie einen Panzer, ein Kriegsschiff oder einen Kampfjet, geschweige denn eine reguläre Armee.

Eine Bedrohung für Israels Legitimation

Warum also diese Angst? Warum die permanente, sechs Jahrzehnte andauernde Kampagne gegen Gaza?

Weil Palästinenser in Gaza, mehr als irgendwo sonst, eine Bedrohung für die Legitimation Israels darstellen.

Israel ist ein illegales Konstrukt, entstanden aus der unheiligen Allianz von Rassismus und Kolonialismus, und die Flüchtlinge in Gaza, die die Mehrheit der dortigen Bevölkerung ausmachen, sind eine ständige Erinnerung daran. Sie erinnern an die ethnischen Säuberungen, auf denen die Gründung Israels basiert. Die Armut, der Mangel an Rohstoffen und der Mangel an Freiheit stehen in krassem Gegensatz zum Wohlstand, zur Freiheit und zu der Macht, die in Israel existieren und welches rechtmäßig den Palästinensern zusteht.

Als ich in dieser Nacht auf dem Ben-Gurion Flughafen zurückkehrte, sagte man mir, wenn ich kooperieren und den Schichtleiter innständig bitte würde, beschleunigte das die Sicherheitskontrollen. Als ich dieses großzügige Angebot ablehnte, erwiderten sie, “wir mögen ihre Haltung nicht” und sie fuhren fort, indem sie mir Aufkleber mit dem gleichen Barcode wie für die Palästinenser auf mein Gepäck klebten und mich genau wie diese behandelten.

“Niemals wieder?”

Während ich diese Worte schreibe, ist die Zahl der unschuldig Getöteten in Gaza auf über 2000 gestiegen.Die Beendigung des unerträglichen, rassistischen und brutalen Regimes, das in Palästina durch die Zionisten errichtet wurde, ist die Herausfordung unserer Zeit.

Den palästinensischen Widerstand zu kritisieren, ist unverschämt.

Israel muß einem Boykott und Sanktionen unterworfen werden, Investitionen müssen aufhören.Israelische Diplomaten müssen in Schande ausgewiesen werden. Israelische Führer und Kommandeure die auswärts reisen, müssen polizeiliche Verfolgung fürchten. Und diese Maßnahmen müssen kombiniert werden mit Ungehorsam, Verweigerung von Zusammenarbeit und kompromisslosem Widerstand.

Das und nur das wird den Müttern, Vätern und Kindern in Gaza zeigen, das die Welt sich kümmert und der Ausspruch “Niemals wieder” nicht nur ein leeres Versprechen ist.

Quelle: http://mikopeled.com/2014/08/17/from-the-holocaust-to-the-massacre-in-gaza-through-ben-gurion-airport-by-miko-peled/#comment-1977

übersetzt nach bestem Wissen von Karl Gans

18.August 2014