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Strafanzeige gegen Volker Beck u.a. wegen §§ 111 Abs. 1, 140 Nr. 2 StGB i.V.m. §§ 138 Abs. 1 Nr. 2-4, 126 Abs. 1 StGB

Diese Strafanzeige gegen Volker Beck haben mehrere Einzelpersonen und auch wir [Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost] als Organisation an die Polizei geschickt:

 
An die Polizei
Friedrichstr. 219
10969 Berlin
29. Januar 2024
 
Strafanzeige gegen Volker Beck u.a. wegen §§ 111 Abs. 1, 140 Nr. 2 StGB i.V.m. §§ 138 Abs. 1 Nr. 2-4, 126 Abs. 1 StGB
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erstatte ich Strafanzeige gegen den Volker Beck wegen o.g. und aller weiteren in Betracht kommenden Delikte im Zusammenhang mit dem israelischen Krieg in Gaza.

1. Sachverhalt
Der Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Volker Beck, forderte in einem Videointerview mit WELT TV am 15. Januar 2024:
„Wir hätten die Lieferung von Hilfsgütern stärker mit der Befreiung von Geiseln als conditio verbinden sollen.“
Und er forderte weiter:
„Ich finde wir sollten jetzt Israel nicht in den Arm fallen, sondern es bei der Kriegführung unterstützen.“
https://www.welt.de/…/Gaza-Streifen-Muessen-die-Lieferung- von-Hilfsguetern-staerker-mit-der-Befreiung-von-Geiseln-verbinden.html
Volker Beck hat diese Aussage zudem über seinen X-Account und über den X-Account der DIG am 15. Januar 2024 verbreitet (Link: https://x.com/DIGeV_de/status/1746871315749900338?s=20). Diesem Account (@Volker_Beck) folgen derzeit 98.734 Personen. Der Tweet hat bis zu 200.000 Aufrufe erhalten (Stand 30.01.2024).

2. Strafbarkeit
Diese Äußerungen erfüllen den Tatbestand der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten gemäß § 111 Abs. 1 StGB sowie des § 140 Nr. 2 StGB, der öffentlichen Billigung von Straftaten.
 
Nach § 140 Nr. 2 StGB macht sich strafbar, wer eine der in § 138 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 oder in § 126 Abs. 1 StGB benannten rechtswidrigen Taten in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts billigt. Zu diesen rechtswidrigen Katalogtaten gehören auch Völkermord (§ 6 VStGB), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB) und Kriegsverbrechen (§§ 8-12 VStGB). Dabei ist es unschädlich, dass die gebilligten Straftaten im Ausland durch einen anderen Staat begangen werden, entscheidend ist vielmehr, dass die befürworteten Taten den inländischen öffentlichen Frieden gefährden.
 
Die Gutheißung der israelischen Kriegsverbrechen in Gaza und der Aufruf zur Kollektivbestrafung der palästinensischen Bevölkerung stören den inländischen öffentlichen Frieden erheblich.
 
„Billigen“ im Sinne von § 140 Nr. 2 StGB ist die Kundgabe der Zustimmung des Äußernden dergestalt, dass er sich moralisch hinter den Täter stellt. Wie sich aus den zitierten Äußerungen von Volker Beck ergibt, befürwortet er persönlich („Ich finde…“) die Unterstützung der völkerrechtswidrigen Kriegsführung Israels und das Aushungern der Zivilgesellschaft, um politische Ziele durchzusetzen. Er macht sich dadurch mit der israelischen Kriegsführung gemein, die wiederholt ihre Vernichtungsabsichten gegenüber dem palästinensischen Volk in Gaza offen zum Ausdruck gebracht hat. Jedenfalls aber distanziert er sich von diesen an keiner Stelle.
 
Mit seinen zitierten Aussagen befürwortet Volker Beck öffentlich Völkermord im Sinne von § 6 VStGB, Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB) und Kriegsverbrechen gegen Personen im Sinne von § 8 Abs. 1 VStGB in besonders schweren Fällen, insbesondere die vielfach dokumentierte Tötung und Geiselnahme von nach humanitärem Völkerrecht zu schützenden Personen (Nr. 1, 2), die grausame und unmenschliche Behandlung (Nr. 3), die Beraubung der Fortpflanzungsfähigkeit (Nr. 4), die Vertreibung oder zwangsweise Überführung von zu schützenden Personen durch völkerrechtswidrige Zwangsmaßnahmen (Nr. 6) und die schwere Gesundheitsschädigung mit Todesfolge von zu schützenden Personen (Nr. 😎.
 
Wie sich nun auch aus den Feststellungen des IGH in seiner Anordnung gegen den Staat Israel vom 26. Januar 2024 ergibt, werden in Gaza durch das israelische Militär täglich durchschnittlich 247 Palästinenser getötet, 629 verletzt und 3.900 Häuser beschädigt oder zerstört (a.a.O. Rn. 63). Das Gericht stellte fest, dass die israelische Kriegsführung zehntausende Tote und Verletzte, die Zerstörung von Schulen, medizinischen Einrichtungen und lebenswichtiger Infrastruktur verursacht hat sowie die massenhafte Vertreibung (a.a.O. Rn. 70) der palästinensischen Zivilbevölkerung.
 
Laut WHO sind 15 % der schwangeren Frauen in Gaza gefährdet, ihre Neugeborenen zu verlieren oder Komplikationen zu erleiden. Diese von Israel verursachte „katastrophale humanitäre Situation“, so der IGH, drohe sich bis zum finalen Urteil irreversibel zu verschlimmern (a.a.O. Rn. 72). Angesichts der hohen Todesrate und der rasanten Zerstörung bestehe eine „echte und unmittelbare Gefahr“ irreparabler Schäden („a real and imminent risk that irreparable prejudice“) durch Verstöße gegen die Völkermordkonvention. Deshalb erachtete der IGH eine einstweilige Anordnung für geboten. Konkret müsse Israel folgende Verstöße gegen Art. II Völkermordkonvention einstellen, um die Zerstörung der Gruppe der Palästinenser im Gazastreifen zu verhindern (vgl. a.a.O. Rn. 78):
 
a. Tötung von Mitgliedern der Gruppe;
b. Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe;
c. vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen
und die
d. Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind.
Zur Verhinderung von Völkermord befand der IGH ausdrücklich, dass Israel „sofortige und wirksame Maßnahmen [ergreifen müsse], um die Bereitstellung dringend benötigter grundlegender Leistungen und humanitärer Hilfe zu ermöglichen, um den widrigen Lebensbedingungen der Palästinenser im Gaza-Streifen entgegenzuwirken“ (Rn. 80).
 
Genau diese – vom IGH explizit zur Verhinderung von Völkermord als dringend befundene Leistung lebenswichtiger humanitärer Hilfe für unbeteiligte Zivilsten in Gaza – möchte Volker Beck durch Konditionierung an politische Bedingungen unterbinden. Damit stellt sein Aufruf eine den Völkermord und Kriegsverbrechen unterstützende Billigung von Straftaten sowie Aufforderung zur Begehung von Straftaten dar. Jede Forderung des ungehinderten Fortgangs des Kriegsgeschehens („wir sollten Israel… bei der Kriegsführung unterstützen“) sowie der Vorenthaltung lebenswichtiger Hilfsgüter für die Zivilbevölkerung stellt unmissverständlich eine Billigung von Völkermordhandlungen im Sinne der UN-Völkermordkonvention und damit auch des § 6 VStGB dar, der nach der gesetzgeberischen Intention an das Engste an der Art. II der Völkermordkonvention angelehnt ist.
 
Insbesondere aber ist darauf hinzuweisen, dass Kenntnis von der Strafbarkeit nicht erst seit der IGH-Entscheidung vom 26. Januar 2024 besteht. Gerade für den auf X sehr aktiven Nutzer Volker Beck sind vielmehr die menschenunwürdigen Umstände in Gaza seit Monaten vollumfänglich präsent, dazu gehört die von der Besatzungsmacht dokumentierte Erniedrigung von palästinensischen Gefangenen durch Aufzwingen von Kriegsparolen, Entkleidung und öffentliche Zurschaustellung nackter Gefangener. Schon die entwürdigende Zurschaustellung von Gefangenen und deren Beleidigung erfüllt den Tatbestand des § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB. Auch dass Israel Aushungerung als Kriegswaffe in Gaza einsetzt, ist allseits seit Monaten – und insbesondere zum Zeitpunkt der getätigten Äußerung Volker Becks – bekannt. So warnte Human Rights Watch (neben vielen anderen Organisationen) am 18.12.2023, dass die israelische Regierung das Aushungern der Zivilbevölkerung im besetzten Gazastreifen als Methode der Kriegsführung einsetzt, indem sie lebenswichtige Güter wie Wasser, Lebensmittel und Treibstoff absichtlich vorenthält, was ein Kriegsverbrechen darstellt.
 
Diese Kriegsverbrechen billigt Volker Beck öffentlich und ruft durch aktive Mitwirkung der deutschen Bundesregierung zudem zur strafbaren Mittäterschaft bzw. Beihilfe auf.
 
Ich bitte Sie, wegen aller weiteren in Betracht kommender Delikte zu ermitteln und mir das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens mitzuteilen. „

Siehe Facebook-Eintrag Jüdische Stimme vom 02.02.2024