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Zur Bundestagsresolution „Nie wieder ist jetzt“: für einen Konsens des Neins

Berlin, 05.11.2024

Die seit einem Jahr im Bundestag hinter verschlossenen Türen diskutierte, stark kritisierte Antisemitismusresolution soll nun endgültig erlassen werden und will höchst repressive Richtlinien für die Fördervergabe in Kultur und Wissenschaft sowie fatale Einschnitte ins Aufenthalts- und Asylrecht umsetzen.

Dagegen veröffentlichte eine Gruppe von Jurist:innen und Wissenschaftler:innen in der FAZ einen Gegenvorschlag, der eine gesellschaftliche Debatte anstoßen will, wo die Politik gerne abgeschlossene Tatsachen präsentieren würde. Aber auch bei den formulierten Vorschlägen gibt es großen Anlass zur Kritik, auch wenn sie im Vergleich zur eigentlichen Resolution mit Sicherheit das “kleinere Übel” darstellen. Dieser Text will jedoch einen dritten Weg vorschlagen, und zwar den einer entschiedenen Ablehnung jedweder Resolution „zum Schutz jüdischen Lebens”, die sich als Brandmauer um die erklärte deutsche Staatsräson aufstellen lässt, zu einer Auslöschung palästinensischer Perspektiven beiträgt und dergestalt jüdische Menschen als staatliches Machtinstrument missbraucht.

Zwar ist es die bekundete Intention des Gegenvorschlags, genau das zu vermeiden, und eine Resolution zur Debatte zu stellen, die jüdisches Leben als plural und eingebettet in die Gesamtgesellschaft versteht und vor allem konstruktive Beiträge im Bereich politischer Bildung und zivilgesellschaftlicher Initiativen unterstützen will. Doch ließe sich dieses Vorhaben nicht besser in einem separaten Vorschlag an deutsche Kultur- und Bildungseinrichtungen verwirklichen als im Kontext einer Antisemitismusresolution, die auf der einen Seite festhält, dass sie den Schutz jüdischen Lebens „als inhärenten Teil des Minderheitenschutzes“ versteht, auf der anderen Seite aber doch gerade jüdische Menschen aus der Gesellschaft ausklammert und als etwas besonders Schützens- oder Bewahrenswertes darstellt? Dass die ganze Logik der „Bewahrung” im angstbesetzten Gemenge der deutschen Erinnerungskultur und besonderen historischen Verantwortungin vielen jüdischen Menschen eher Befangenheit auslöst –im wahrsten Sinne des Wortes–, soll auch angemerkt werden.

Zwei grundsätzliche, miteinander verschränkte Probleme durchziehen den Gegenvorschlag und lassen eine klare, von einem breiten gesellschaftlichen Zusammenschluss getragene Ablehnung einer staatlichen Antisemitismusresolution als den einzigen wirklich gangbaren Weg erscheinen: Erstens verkennt der Vorschlag den gesellschaftlichen Kontext, in den er eingebettet ist, und setzt auf eine zivilgesellschaftliche Selbstregulierung, die längst von Angst und Verunsicherung überlagert und außer Kraft gesetzt ist. Zweitens schafft er es trotz guter Absichtsbekundungen nicht, Antisemitismus strikt von israelkritischen Haltungen zu differenzieren und erzeugt so bloß weitere Verunsicherung, wo eigentlich Klarheit herrschen müsste…

Vollständiger Beitrag – Jüdische Stimme  – veröffentlicht 06.11.2024