Repression gegen Palästinenser*innen in Deutschland: Palästinensischer Schriftsteller Khaled Barakat darf nicht sprechen
Die Unterdrückung von Vertreter*innen für die Rechte der Palästinenser*innen in Deutschland setzte sich gestern Abend, Samstag, den 22. Juni, fort, als dem palästinensischen Schriftsteller Khaled Barakat von den Berliner Behörden verboten wurde, eine Rede zu halten über den so genannten “Deal of the century” unter der Führung von Donald Trump und die arabische und palästinensische Reaktion. Außerdem wurde ihm bis zum 31. Juli verboten, sich an jeglichen politischen Aktivitäten und Veranstaltungen in Deutschland zu beteiligen, sei es direkt (persönlich) oder “indirekt” (per Video.) Dieser empörende Angriff auf die Meinungsfreiheit ist der jüngste Angriff auf die Rechte der Palästinenser*innen durch die Bundesregierung.
Die Veranstaltung war ursprünglich für Freitag, den 21. Juni, geplant und wurde von einer Diskussionsgruppe der arabischen Community organisiert, die regelmäßig Sprecher*innen zu wichtigen Ereignissen in der arabischen Welt empfängt. Berichten zufolge erhielten die Verantwortlichen des stadteigenen Veranstaltungsortes Beschwerden von pro-zionistischen und pro-israelischen Apartheid-Organisationen wegen der Veranstaltung und informierten die Gastgeber, dass die Veranstaltung nicht durchgeführt werden kann. Die Veranstaltung würde für Samstag, den 22. Juni, in ein sudanesisches Gemeindezentrum verlegt. Da die Konferenz von Bahrain zur Förderung des so genannten “wirtschaftlichen Friedens” auf Kosten der Rechte der Palästinenser*innen in den nächsten Tagen erwartet wurde, war das Veranstaltung von besonderer Bedeutung.
Ohne Vorankündigung und Erklärung waren jedoch eine große Anzahl von Polizist*innen am nächstgelegenen U-Bahnhof zum Veranstaltungsort aufgestellt und die Straße war blockiert. Als Barakat sich mit der internationalen Koordinatorin Charlotte Kates von Samidoun näherte, wurden sie von der Polizei aufgehalten und darüber informiert, dass die Veranstaltung heute Abend wegen Verbots nicht stattfinden würde. Beide wurden dann in einem Polizeiwagen zu einer größeren Polizeistation gebracht, wo sie von einem deutsch-arabischen Übersetzer, größerem Polizeiaufgebot und zwei Vertreter*innen des Ausländeramtes Berlin empfangen wurden.
Barakat wurde ein achtseitiges Dokument vorgelegt, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass er weder persönlich noch per Video Reden halten, an politischen Versammlungen oder Veranstaltungen teilnehmen oder sogar an gesellschaftlichen Versammlungen von mehr als 10 Personen teilnehmen darf; ihm wurde gesagt, dass Verstöße mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft werden können. Nach deutschem Recht können Ausländer*innen von der politischen Tätigkeit ausgeschlossen werden, wenn sie der “Sicherheit oder Stabilität” Deutschlands schaden könnten. Die Anschuldigungen, die vorgeben zu zeigen, dass seine politische Tätigkeit “gefährlich” ist, tun dies nicht; stattdessen gibt es hauptsächlich eine Liste von Reden und Ereignissen sowie ein Interview 2014 mit Rote Fahne News, der Veröffentlichung der MLPD (Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands). Trotz der Behauptung, dass Barakats Rede die Spannungen oder den “politischen Konflikt” zwischen Juden/Jüdinnen und Palästinenser*innen und Araber*innen in Deutschland verstärken könnte, weist das Dokument auf absolut keine negativen Auswirkungen all seiner früheren Reden im Land hin.
In dem Dokument wird Barakat auch vorgeworfen, Mitglied der palästinensischen Linkspartei, der Popular Front for the Liberation of Palestine (PFLP), zu sein. Obwohl angemerkt wird, dass die PFLP in Deutschland tatsächlich nicht verboten ist, wird geschrieben, dass sie auf der Terroristenliste der EU steht und somit eine Gefahr darstellt, auch wenn keiner der aufgeführten Vorwürfe auf eine Gefahr hinweist. Es könnte nicht deutlicher sein, dass dies der jüngste Versuch ist, gegen Meinungsäußerungen von Palästinenser*innen und Lobbyarbeit sowie für die weiteren Einschränkungen der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit in Deutschland.
Barakat und Kates wurde auch gesagt, dass ihr Aufenthalt in Deutschland nicht verlängert und “beendet” würde, obwohl ihnen diese Entscheidung noch nicht mitgeteilt wurde.
Dieser Vorfall steht im Zusammenhang mit einer laufenden Kampagne des israelischen Ministeriums für strategische Angelegenheiten, dem so genannten “Anti-BDS-Ministerium”, das palästinensische und solidarische Organisationen, insbesondere Linke, angreift. Barakat wurde von diesem Ministerium bereits mehrfach angegriffen, ebenso wie Samidoun und seine Arbeit. Der Vorfall reiht sich ein in eine Serie von Angriffen auf die Rechte der Palästinenser*innen und die Meinungsfreiheit in Deutschland, einschließlich:
• das politische Verbot und die Entziehung des Schengen-Besuchervisums für Rasmea Odeh, ehemalige palästinensische politische Gefangene und kommunale Führerin
• die Anti-BDS-Resolution des Deutschen Bundestages, der BDS als “antisemitisch” bezeichnet
• die strafrechtliche Verfolgung von Aktivist*innen wegen der Unterbrechung einer israelischen offiziellen Sprecherin an der Humboldt-Universität, die in dem Krieg gegen Gaza verwickelt war
• die Annullierung der Einladung zum Auftritt des amerikanischen Rappers Talib Kweli und der schottischen Rapper Young Fathers für ihre Unterstützung der Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung (BDS)
• der erzwungene Rücktritt des Direktors des Jüdischen Museums in Berlin wegen der Veröffentlichung eines Tweets mit einem Link zu einer Stellungnahme gegen die Anti-BDS-Resolution des Bundestages durch jüdische Wissenschaftler*innen
Es sei darauf hingewiesen, dass diese Unterdrückung mit politischen Angriffen auf die arabischen und muslimischen Gemeinschaften in Deutschland einhergeht, die von der rechtsextremen Rhetorik der AfD und anderer Parteien angeführt werden, aber mit der aktiven Mitwirkung der offiziellen “Linken”, die weiterhin die Unterdrückung der Organisierung der palästinensischen Community und die Palästinassolidarität zur Verteidigung eines kolonialen, rassistischen Apartheid-Systems unterstützt. Sie steht auch im Zusammenhang mit der anhaltenden Kriminalisierung von Volksbewegungen in Europa, einschließlich Prozessen gegen Gewerkschaftsführer*innen und Organisator*innen der Flüchtlingssolidarität in verschiedenen Ländern.
Samidoun Palestinian Prisoner Solidarity Network bringt seine tiefste Empörung über das politische Verbot gegen Khaled Barakat zum Ausdruck. Wir glauben, dass es auf eine ernste Gefahr hindeutet, dass direkte Verbote, polizeiliche Repressionen und der Widerruf von Aufenthaltsgenehmigungen zu einer Norm des Polizeistaats werden, um unerwünschte politische Reden von Palästinenser*innen zu unterdrücken, die Rechte, Gerechtigkeit und Befreiung verteidigen.
Am Freitag, den 28. Juni, findet unter dem Motto Palästina Spricht ein Protest gegen die Anti-BDS-Resolution des Bundestages statt, und wir fordern alle auf, zu kommen und sich daran zu beteiligen. International sind eure Erklärungen und Solidaritätsbekundungen entscheidend, um gegen diese verschärfte Unterdrückung vorzugehen. Diese Angriffe werden weder Khaled Barakat noch das palästinensische Volk zum Schweigen bringen – aber es ist wichtig, dass wir unsere internationale Bewegung zur Verteidigung Palästinas aufbauen, insbesondere weil der Angriff auf die Liquidierung der Palästinasolidarität abzielt.
Bitte senden eure Solidaritätserklärungen an samidoun@samidoun.net.
Eine Übersetzung der Redaktion www.palaestina-solidaritaet.de
Anti-Palestinian repression in Germany: Palestinian writer Khaled Barakat banned from speaking